himmlische Geschäftsbedingungen

Irgendwo haben wir das doch schon immer geahnt! Selbst der Himmel arbeitet nicht ohne Kleingedrucktes! Dieses lautet: Du wirst in einem Ambiente und unter verbindlichen Regeln leben, die ihren heutigen Vorstellungen nicht unbedingt entsprechen, sondern durch den Eigentümer vorgegeben sind. So etwas kann richtig anstrengend werden – besonders dann, wenn man da nicht wieder aus dem Vertrag herauskommt.

Irgendwann in den Himmel kommen zu wollen, ohne vorher eine tragfähige persönliche Beziehung mit dem Besitzer etabliert zu haben wird damit zur Milchmädchen-Rechnung! Und dennoch ist die beschriebene Situation für viele Realität: man zahlt Kirchensteuer, geht fest davon aus dass man nach dem eigenen Ableben in den Himmel kommt, arbeitet de facto nicht an der persönlichen Beziehung zu Gott – und investiert so in einen Haufen unliebsamer Probleme. Dabei kann keineswegs als sicher gelten, dass der Himmel auch Einrichtungen für Trödler und Schwänzer hat. Zwar spricht die Lehre einer sehr großen christlichen Religionsgemeinschaft vom „Fegefeuer“, als solche eine Institution für Nachsitzer, aber gesichert ist diese mittelalterliche Idee überhaupt nicht! - Sehr viel mehr Sinn macht die Vorstellung, dass während der eigenen Lebensspanne sich Persönlichkeit und Charakter entwickeln – und genau diese einem auch danach erhalten bleiben. Oder wie es ein Philosoph einmal formuliert hat: Zu Lebzeiten formt sich unser Charakter – danach leben wir mit unserem Charakter.

Himmel für Nachsitzer?

Noch ein paar Worte zum ‚himmlischen Nachsitzen“. Neben der Variante „Fegefeuer“ gibt es noch ein zweites Modell zum Stichwort persönliches Nacharbeiten nach der eigenen Todeslinie. Es ist das Kreislaufmodell der Wiedergeburten im ostasiatischen Sinne. Es besagt, dass man so lange wieder mit einem weiteren Leben auf die Erde zurückgeschickt wird, bis man sich für den Himmel qualifiziert hat. – Nun ist es nicht meine Absicht mit Ihnen über Fegefeuer oder diverse irdische Nachbesserungsrunden zu streiten, dafür möchte ich ganz kurz mit Ihnen über ein gewisses Risiko sprechen: Angenommen es gäbe das Fegefeuer bzw. die ostasiatischen Wiedergeburtszyklen, dann wären Sie fein raus, weil Sie ja nach Ihrem Ableben in der einen oder anderen Form nachbessern könnten. – Da es aber keinen Beweis für diese beiden Einrichtungen gibt, könnte es ja auch sein, dass diese der Sektion „Mythen und Legenden“ entsprungen sind. Wäre dem so, dann hätten Sie nach Ihrem Ableben ein etwas größeres Problem: Sie müssten verblüfft feststellen, das Ihr Plan nicht aufgeht und Sie sich keinen Plan B zurechtgelegt haben. – In diesem Fall kann man nur sagen: ganz schön dumm gelaufen! – Wie wäre also der folgende Plan B: Statt über die beiden genannten Einrichtungen Streitgespräche zu führen verhalten wir uns einfach so, als gäbe es sie nicht. – Was hätte dies für Konsequenzen im eigenen Lebensvollzug? Diese Vorgehensweise hätte den Charme, dass niemand Ihre persönliche Weltanschauung kritisiert, Sie aber gleichzeitig auf der sicheren Seite wären!

(K)ein attraktiver Ort ...

Zu klären wäre nun grundsätzlich: Ist Himmel wirklich ein attraktiver Ort für Sie oder eher ein Notbehelf, weil Sie sich noch nichts anderes für die Zeit nach der eigenen Todeslinie vorgenommen haben. – Ein weiteres Vertagen dieser Frage stellt ein nicht unkritisches Manöver dar, da in keiner Weise sichergestellt ist, ob Sie heute Abend noch Atmen werden. Auch im von Kriegswirren und Naturkatastrophen weitgehend verschonten Mitteleuropa soll es gelegentlich vorkommen, dass Menschen spontan eines natürlichen oder unnatürlichen Todes sterben. Ergo, da Sie nur den Augenblick zum Handeln haben und das Morgen nicht sicher genug kennen, zugleich auf das Gestern keinen Einfluss mehr haben, sollten Sie jetzt diesem Klärungsbedarf Raum geben. Wie oft im Leben gibt es dabei mindestens zwei legitime Entscheidungen. Die Variante mit dem herzhaften „Jein“ als dritte Option ist vermutlich die Dümmste, löst diese doch nicht das Dilemma auf, in welchem Sie sich gerade befinden. Die anderen Varianten lauten: Lass mich damit in Ruhe, der ganze Kram interessiert mich ohnehin nicht, während die letzte Option lautet: Ok, fromm will ich nicht werden, aber an dieser Beziehungskiste muss ich wohl ein paar Sachen klären und fang am besten heute damit an. – Keine Angst, niemand (hoffentlich!) verlangt jetzt von Ihnen fromme Übungen – denn darum geht es letztlich nicht. In Summe: Wenn Gott – trotz eingezahlter Kirchensteuer – Ihnen zu Lebzeiten nicht wichtig ist, werden Sie höchstwahrscheinlich hinterher auch kein wirkliches Interesse an Ihm entwickeln und den Abstand zu Ihm vorziehen - also letztendlich freiwillig auf den Himmel verzichten!